…und für diesen mussten wir, Fabian Ömmer und ich nicht einmal an den Beefeatern im Tower von London vorbei.
Tatort ist Grindelwald und vor uns eine Bergsteigerinstitution-die Eiger Nordwand.
Man muss den Kopf schon ganz schön in den Nacken beugen, um vom Parkplatz aus, bis auf den Gipfel zu sehen-1800 Höhenmeter und 4 Kletterkilometer liegen vor uns.
12 Uhr Highnoon starten wir von der kleinen Scheidegg Richtung Einstieg. Die meisten Aspiranten bevorzugen mittlerweile in der Nacht aus dem Stollenloch zu klettern. Mangels Zeit fällt das für uns flach und da die Tour noch ganz im Schatten ist, empfinden wir den üblichen Steinschlag nicht als unmittelbare Gefahr.
Mir gefällt es, dass wir auf der originalen „Heckmair Route“ von ganz unten anfangen. Zwar etwas länger bis zu den ersten Schwierigkeiten, aber zum vertraut werden mit den Verhältnissen allemal feiner, als mitten in der Nacht aus einer Luke zu steigen und von 0 auf 100 in der Senkrechten zu stehen.
Noch seilfrei geht es unschwer rechts des „Zerschrundenen Pfeilers“vorbei, wir gewinnen schnell an Höhe und erreichen flott die erste Crux.
Anseilen! denn der „Schwierige Riss“ wartet auf mich. Nomen est Omen, oder stelle ich mich nur blöd an? Ich eiere die Länge hinauf und weiß nun genau, dass der Eiger kein Geschenk ist.
Weiter geht es bis zum „Hinterstoisser Quergang“. Fast gleichzeitig konstatieren wir erfreut, dass das jetzt gelebte Historie ist und uns es wie der Eintritt in ein Museum anmutet. Beim netten rüber kratzten via Fixseil kommt mir der Gedanke an die Erstbesteiger. Wahnsinn, waren sie sich so sicher erfolgreich zu sein, oder hatten sie solche Eier?
Vor dem Eisschlauch holen wir eine amerikanische Seilschaft ein. Dean und Rick, der 59 ist, haben 3 Tage für ihr Abenteuer eingeplant. Am Stand erzählt er mir in bestem Deutsch , dass er vor 30 Jahren Lehrer in Oberpullendorf war. Ein Ami-Burgenländer am Eiger-lustig.
Kurz danach erreichen Fabs und ich unser Quartier für die Nacht-„das Todesbiwak“.
First come, first serve nehmen wir die kleine Nische, die uns gerade genug Raum zum liegen läßt, in Empfang. Geländerseil errichten, Material versorgen, Matte und Schlafsack raus, das sind die wackeligen Aufgaben die vor dem Kochen erledigt werden. Nach heißer Suppe, Datteln und ein paar Riegeln ist Zeit unseren Ausblick zu genießen. Genialer Platz, klarer Himmel und als es finster wird schlafen wir in unserem unendlich vielen Sterne Hotel, erfreut von Sternschnuppen ein.
Um 4 Uhr schrillt der Wecker. Fabs macht die ersten Anstalten sich des warmen Schlafsacks zu entledigen und sich startklar zu machen.
Es ist ein befremdendes Gefühl, wenn man weiß, dass der erste Schritt einen wieder in eine fast senkrechte Eiswand katapultiert. Also Aufmerksamkeit hochfahren und im Schein der Stirnlampe sauber steigen. „Rampe“ und „Wasserfallkamin“ lassen wir zügig hinter uns, werden von 2 Polen vorbei gewunken und gelangen zum „Brüchigen Riss“.
Als ich Fabs zuschaue, bin ich fast froh, dass er an dieser Stelle an der Reihe ist-ausgesetzt und schwer abzusichern, doch ohne Probleme, meistert er diese Kür.
„Götterquergang“ -viel habe ich schon davon gehört und nun stehe ich vor ihm. Jetzt heißt es die Angst vor der Angst verlieren und den Mut zum Mut gewinnen. 1000 Meter fällt die Wand unter meinen Fersen ab und im Selbstgespräch baue ich mich für die nächste Bewegung auf. Phänomenaler Tiefblick-ein Foto? Nein, jetzt nur keine Spompanadeln und weiter bis zum Stand, dem Eintritt zur „Spinne“.
Jawohl, früh genug, also kein Steinschlag. Die Eisgeräte beißen sich in das Eis und Schritt für Schritt nähern wir uns dem Finale. Unfassbar, Harrer war hier ohne Steigeisen unterwegs.
„Quarzriss“, „Ausstiegsrisse“ und das Gipfeleisfeld bieten uns gute Bedingungen und die letzten Meter am „Mittellegigrat“ lassen unser Bergsteigerherz höher schlagen.
Yes, geschafft-eine Umarmung, denn diese Wand macht man nur, wenn man sich zu 100% vertraut.
2 Stunden später sitzen wir mit Koreanern im Zug, umgeben von Smartphones und Designerhandtaschen-surreal.
Die Talfahrt, mit Blick auf die Nordwand, läßt mich noch einmal inne halten und einen Dank an den Eiger aussprechen, dass er uns so wohl gesonnen war.
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